„People follow people.“ – Ein einfacher Satz, der schon ganz viel über erfolgreiche Führung aussagt. Führungskräfte brauchen tragfähige Beziehungen zu Mitarbeitern, damit diese ihnen auch GERNE folgen!
In einer immer schnelllebigeren und komplexeren Welt kann das schnell zu einer enormen Herausforderung werden. Denn Menschen zu führen bedeutet in erster Linie, mit ihnen in Kontakt zu treten und hier spielt die emotionale Komponente eine große Rolle.
Führungskräfte haben oftmals zu wenig Zeit, das persönliche Vertrauen und eine emotionale Beziehung aufzubauen und zu pflegen. Denn was unsere Großeltern früher in einer ganzen Woche an Informationen verarbeiten durften, begegnet uns heute in einem Tag oder manchmal nur in ein paar Stunden. Wir brauchen also heute Mittel und Werkzeuge, die Führungskräfte dazu befähigen, in dieser schnelllebigen und komplexen Welt zwischenmenschlichen Beziehungen gerecht zu werden.
Eine wichtige Rolle spielt hier die Emotionale Intelligenz – auch als EQ (Emotionaler Quotient) bezeichnet. Der Artikel geht daher auf folgende Punkte näher ein:
• Warum Emotionen maßgeblich zwischen Führungserfolg und Führungsversagen entscheiden
• Was sich hinter dem Begriff „Emotionale Intelligenz“ verbirgt, und
• Wie diese mit geringem Aufwand erlernt werden kann. Hier gibt es Quick Wins zur schnellen Umsetzung, die du sofort einsetzen kannst
Warum Emotionen den Unterschied zwischen Führungserfolg und Führungsversagen machen
Um besser zu verstehen, weshalb Emotionen einen enormen Einfluss auf Führung – oder das Leben überhaupt – haben, hilft ein Einblick, wie unser Gehirn überhaupt funktioniert. Die Gehirnforschung weiß heute sehr genau, wie Emotionen verarbeitet werden.
Das Gehirn hat drei grundsätzliche Regionen, die ein unterschiedliches evolutionäres Alter haben:
Stammhirn – oder auch Reptilien-Gehirn: Es ist der älteste Teil des Gehirns und ist für unsere lebenswichtigen Funktionen zuständig, etwa das Atmen und das Aufrechterhalten der Körpertemperatur. Es steuert unsere Instinkte.
Limbisches System – oder auch Säugetier-Gehirn: Hier ist der Sitz unseres Kurzzeitgedächtnisses und der emotionalen Steuerung. Hier kommunizieren wir direkt mit dem Teil des Gehirns, dass für unser Verhalten zuständig ist und die Entscheidungsfindung steuert. Er ist auch für all unsere Gefühle zuständig, etwa Vertrauen und Loyalität. Das macht den Unterschied, warum sich beispielsweise ein Mitarbeiter letzten Endes für ein Unternehmen entscheidet oder den Bereich bzw. sogar die Firma wegen des ungünstigen Verhaltens einer Führungskraft verlässt. Frei nach dem Motto: „Mitarbeiter kommen zu Unternehmen – gehen aber wegen Vorgesetzten.“
Neocortex: Er ist der Teil des Gehirns, der evolutionär am jüngsten und für das Denken, Ideen, Kreativität, Visionen, Reflexion zuständig ist. Vielleicht ist dies der Teil unseres Gehirns, mit dem wir noch am meisten üben dürfen, denn über ihn können wir die Kontrolle über die Emotionen erlagen.


Aber nicht nur die Evolution unseres Gehirns zeigt uns, weshalb in Unternehmen der Fokus mehr auf die Emotionale Intelligenz gelegt werden darf, es gibt auch zahlreiche Studien, die über Zahlen – Daten – Fakten den Mehrwert belegen:
Laut Studie des Capgemini Research Institutes 2019 wird die Nachfrage nach EQ international in den nächsten 3-5 Jahren um das 6fache steigen [2].
Denn EQ strahlt direkt auf die Gesundheit des Unternehmens (Stichwort „Corporate Health“) aus und somit auf das Betriebsklima. Das heißt konkret:
- Weniger Krankenstände
- Höhere Kundenzufriedenheit
- Weniger Mitarbeiterfluktuation
- Höhere Produktivität
Unternehmen wie Google oder SAP priorisieren bereits in der Qualifikation von Mitarbeitern die EQ-Kultur und sind damit sehr erfolgreich. Nach CapGemini Studie erzielen derartige Unternehmen einen ROI zw. dem 2,2 bis 4,4-fachen [2]. Was ich faszinierend finde, ist, dass in beiden Firmen es jeweils Ingenieure (Chade-Meng Tan & Peter Bostelmann) waren, die das Thema forciert haben.
Was ist denn nun diese Emotionale Intelligenz?
Emotionale Intelligenz – Eine Definition nach Goleman
Die Emotionale Intelligenz wurde in den 90er Jahren durch Daniel Goleman
populär und ist als Pendent zum klassischen IQ zu sehen. Sie bildet folgende 5
Bereiche ab [3]:
Selbstwahrnehmung
- Verständnis der eigenen Gefühle & Stimmungen als auch deren Wirkung auf die Umgebung
- Bewusstsein der eignen Stärken und Schwäche
Selbstregulierung
- Kontrollierte Reaktion auf negative Stimmungen, Wünsche und Impulse
- Eine Art Selbstmanagement
Motivation
- Verfolgen bestimmter Ziele mit hohem Engagement
- Hohe Frustrationstoleranz
Soziale Wahrnehmung – auch Empathie genannt
- Gabe, sich in andere Menschen hineinzuversetzen und angemessen zu reagieren, d.h. auch Wahrnehmung & Verstehen der Emotionen anderer
- Aufbau von Sympathie & Vertrauen sowie Lösen & Vorbeugen von Konflikten
Soziale Regulierung – auch soziale Kompetenz genannt
- Fähigkeit, andere Menschen „mitzunehmen“, mit ihnen richtig zu kommunizieren, zu kooperieren, Konflikte durchzustehen und sie zu führen.
Zusammengefasst ist die Definition nach Goleman:
„Die Fähigkeit, unsere eigenen Gefühle und die der anderen zu erkennen, uns selbst zu motivieren und gut mit Emotionen in uns selbst und in unseren Beziehungen umzugehen.“


Emotionale Intelligenz bedeutet dabei nicht nur, „nett zu sein“. In entscheidenden Momenten kann sie erfordern, dass man dem Gegenüber schonungslos mit einer unbequemen Wahrheit konfrontiert.
Emotionale Intelligenz heißt auch nicht, den Gefühlen freien Lauf zu lassen. Sie bedeutet viel mehr, mit Gefühlen so umzugehen, dass sie auf angemessene und wirksame Weise zum Ausdruck gebracht werden, damit Menschen für ihre gemeinsamen Ziele reibungslos zusammenarbeiten können.
Quick Wins zur Stärkung der Emotionalen Intelligenz
Eine wichtige Aussage in Bezug auf Emotionale Intelligenz ist, dass sie nicht angeboren ist, sondern erlernt werden kann.
Im Nachfolgenden sind daher 3 Quick Wins zu finden, die sich leicht und ohne großen Aufwand in den eigenen Alltag integrieren lassen und die eigene Führungskompetenz innerhalb kürzester Zeit stärken und verbessern:
2 Min-Meditation:
Achtsamkeit ist die Grundvoraussetzung aller höheren kognitiven und emotionalen Prozesse und somit Grundlage für emotionale Intelligenz. Um auf Gefühle adäquat reagieren zu können, ist es notwendig, sich der eigenen Gedanken bewusst zu werden.
Die 2 Min-Meditation ist hier ein guter Anfang. Weshalb 2 Min? – Lt. Theorie sind 2 Min. die Aufmerksamkeitsspanne eines Kleinkindes und das sollte auch für uns technisch-rational geprägten Menschen kein Problem sein.
Methode: Einfach eine bequeme Sitzposition einnehmen, die Füße hüftbreit parallel am Boden abstellen, die Hände entspannt auf die Oberschenkel, Schulter nach hinten-oben rollen, Oberkörper aufrecht, der Kopf ist gerade, die Füße entspannt und die Augen sind sanft geschlossen. Um sich auf den gegenwärtigen Moment zu konzentrieren, ist es am einfachsten, sich auf den Ausatem zu konzentrieren. Wichtig ist, beim Einatmen tief in den Bauch zu atmen und langsam wieder auszuatmen.
Bennen des Gefühls:
Jedes Gefühl hat seine körperliche Entsprechung. Für gewöhnlich nehmen wir Gefühle in unserem Körper lebendiger wahr als in unserem Geist. Wenn wir versuchen, uns eines Gefühls bewusst zu werden, ist es im Allgemeinen daher sinnvoller, die Aufmerksamkeit auf den Körper statt auf den Geist zu richten. Dies ermöglicht uns eine hochauflösende emotionale Wahrnehmung der aktuellen Gefühle. D.h. wir entwichen eine so präzise räumliche und zeitliche Wahrnehmung, so dass wir ein Gefühl im Augenblick seines Entstehens, seines Vergehens und mit allen Schwankungen dazwischen beobachten können. Dies ist eine Wichtige Fähigkeit, denn je klarer wir unserer Gefühle wahrnehmen, desto besser können wir damit umgehen.
Methode: Wahrnehmen des Gefühls – Lokalisieren im Körper – Benennen des Gefühls mit Zuordnung, wo es im Körper lokalisiert ist.
Akzeptanz:
Oftmals ist es so, dass wir nur die guten Gefühle abonniert haben möchten. Gefühle, wie Angst, Wut, Hass, werden oft abgelehnt und unterdrückt, da man in der Kindheit ggf. gelernt hat, dass Gefühle wie Wut und Hass „nicht schicken“. Die Wahrheit ist aber: Je mehr wir versuchen diese Gefühle zu unterdrücken, desto stärker bleiben sie: „What you resist, persists!“
Wo Licht ist, ist auch Schatten. Alles unterliegt der Polarität. Daher ist die es wichtig, jegliche Art der Gefühle anzunehmen, um mit ihnen zielorientiert umzugehen.
Der 3. Quick Win ist daher bei auftretenden Gefühlen, im ersten Schritt diese zu benennen und dann zu sagen: „Herzlich Willkommen <neg. Gefühl>. Ich nehme Dich an, denn Du gehörst zu mir, wie auch meine positiven Gefühle. Trotz dieser Gefühle liebe und akzeptiere ich mich so, wie ich bin.“
Diese Übungen sind nicht nur Soforthilfen bei herausfordernden Situationen, sie trainieren auch die Wahrnehmung ganz im Sinne des EmoRational Leaderships – meines neuen Unternehmens- und Leadership-Ansatzes aus Herz und Verstand, bei dem die emotionalen mit den kognitiv-rationalen Fähigkeiten ganzheitlich miteinander kombiniert werden.
Mein Fazit
Emotionale Intelligenz ist der entscheidende Faktor für Erfolg und Misserfolg in Führung und somit auch in Unternehmen.
Den meisten Firmen ist dies durchaus bewusst. Die Realität ist leider immer noch eine andere: Wenn Probleme in Projekten auftreten, versucht man diese vorzugsweise auf rationaler Ebene zu lösen. „Soft Skills“ werden als Kostenpunkt anstatt als Investition in die Zukunft gesehen. EQ bleibt somit Privatvergnügen der Mitarbeitenden.
Nicht falsch verstehen. JA, fachliche Expertise ist wichtig, damit tolle Innovationen entstehen können. Durch die Vernachlässigung der emotionalen Komponente lassen wir aber so viel PS auf der Straße liegen, die eigentlich in Projekten den Unterschied machen könnten. Erfolgt setzt sich daher wie folgt zusammen:
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Quellen:
[1] Das Großhirn, My Human Nature (2018): https://www.myhumannature.ch/2018/08/23/das-grosshirn/
[2] Emotionale Intelligenz wird zum Must-Have, Braintrust Group (2019): https://www.braintrust-group.de/impuls-des-tages/emotionale-intelligenz-wird-zum-must-have/
[3] EQ. Emotional Intelligenz, Daniel Goleman (1997): https://www.amazon.de/EQ-Emotionale-Intelligenz-Daniel-Goleman/dp/3423360208/ref=asc_df_3423360208/…